Selbstständige, die Eltern werden, stehen oft vor einer schwierigen Abwägung: Verluste steuerlich geltend machen oder ein höheres Elterngeld erhalten? Beides gleichzeitig funktioniert nicht, wie ein aktuelles Urteil des Sozialgerichts Hamburg (Az.: S 67 EG 1/23) zeigt. In dem entschiedenen Fall musste eine selbstständige Mutter mehr als 11.000 Euro Elterngeld zurückzahlen.
Hintergrund: Elterngeld bemisst sich nach dem Einkommen
Die Höhe des Elterngeldes richtet sich grundsätzlich nach dem Einkommen, das Mütter oder Väter im Bemessungszeitraum vor der Geburt ihres Kindes erzielt haben. Wer mehr verdient hat, erhält entsprechend mehr Elterngeld – maximal 1.800 Euro im Basiselterngeld beziehungsweise 900 Euro beim Elterngeld Plus. Diese Regelung gilt für Arbeitnehmer ebenso wie für Selbstständige.
Für Selbstständige kommt dabei ein steuerlicher Aspekt ins Spiel: Verluste, die den steuerpflichtigen Gewinn mindern, wirken sich gleichzeitig auf das Elterngeld aus. Wer also steuerlich von einer Verlustverrechnung profitiert, riskiert, dass die Elterngeldstelle den Anspruch nachträglich deutlich reduziert.
Der entschiedene Fall
Im konkreten Verfahren hatte eine selbstständige Frau zunächst Elterngeld auf Basis eines erwarteten Gewinns von rund 27.300 Euro erhalten. Nachdem sie ihren Einkommensteuerbescheid vorlegte, stellte sich jedoch heraus, dass sie aufgrund hoher Verluste ein negatives Einkommen erzielt hatte. Die Elterngeldstelle passte daraufhin den Anspruch an, setzte ihn auf die Mindestbeträge herab und forderte über 11.000 Euro zurück.
Die Klägerin argumentierte, dass die Verlustverrechnung lediglich steuerrechtliche Wirkung habe und ihre tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Bemessungszeitraum nicht beeinflusst habe. Das Sozialgericht Hamburg folgte dieser Argumentation jedoch nicht.
Gerichtliche Entscheidung
Die Richter stellten klar, dass die Ermittlung des maßgeblichen Einkommens für das Elterngeld streng nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts erfolgt. Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) verweist ausdrücklich auf die steuerrechtliche Einkommensermittlung. Damit ist entscheidend, welches Einkommen im Einkommensteuerbescheid ausgewiesen wird – unabhängig von der tatsächlichen Liquidität oder wirtschaftlichen Lage der betroffenen Person.
Diese klare Anbindung an das Steuerrecht soll das Verwaltungsverfahren vereinfachen und für mehr Rechtssicherheit sorgen, kann aber im Einzelfall zu finanziellen Nachteilen führen.
Praxistipp für Selbstständige
Selbstständige Eltern sollten frühzeitig prüfen, ob sich steuerliche Verlustverrechnungen oder Abschreibungen im Bemessungszeitraum für das Elterngeld tatsächlich lohnen. Ein geringeres steuerpflichtiges Einkommen führt zwar zu einer niedrigeren Steuerlast, kann jedoch den Elterngeldanspruch erheblich mindern.
Wer eine Familienplanung absehen kann, sollte gemeinsam mit seinem Steuerberater eine vorausschauende Einkommensplanung vornehmen, um das beste Verhältnis zwischen Steuerentlastung und Elterngeldhöhe zu erreichen.
Fazit:
Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg macht deutlich: Steuerlich vorteilhafte Verluste können beim Elterngeld teuer werden. Selbstständige sollten daher strategisch planen, wann sie Ausgaben geltend machen – und die Auswirkungen auf das Elterngeld stets im Blick behalten.
Quelle: Deutsche Handwerkszeitung, 2025
Herzlichst,
Janine Haberland