Versäumt ein Steuerzahler, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Einspruch gegen einen fehlerhaften Steuerbescheid einzulegen, wird dieser in der Regel bestandskräftig. Fehler können dann nicht mehr berichtigt werden. Doch sind die Finanzämter wirklich so streng?
Die Antwort lautet: Ja – aber es gibt eine Ausnahme, wenn die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt wurde.
Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand
Die entsprechende Vorschrift trägt die Bezeichnung „Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand“. Sie bewirkt, dass die einmonatige Einspruchsfrist nach Wegfall des unverschuldeten Hindernisses erneut beginnt.
Die Wiedereinsetzung wird vom Finanzamt auf Antrag in der Regel gewährt, wenn ein Steuerzahler beispielsweise
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plötzlich und schwer erkrankt, oder
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ein Unfall kurz vor Ablauf der Einspruchs- bzw. Klagefrist die fristgerechte Einreichung unmöglich macht.
Was passiert, wenn der Prozessbevollmächtigte sein Mandat niederlegt?
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine Wiedereinsetzung auch dann möglich ist,
wenn ein Prozessbevollmächtigter Klage für einen Steuerzahler erhoben hat, einen Tag vor Ende der Frist zur Nachreichung der Klagegründe sein Mandat niederlegt und der Kläger bis zum Fristende nachweislich nur Absagen von anderen Anwälten zur Klagebetreuung erhält.
Die Antwort der Münchner Richter fällt zugunsten des Steuerpflichtigen aus:
Ja, auch in diesem Fall liegt ein Grund für die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand vor.
Dem Kläger wird somit eine neue Frist zur Nachreichung der Klagegründe gewährt, die beginnt, sobald ein neuer Anwalt als Prozessbevollmächtigter gefunden ist.
(BFH, Beschluss vom 09. Juli 2025, Az. X B 111/24)
Quelle: Deutsche Handwerkszeitung, 2025
Herzlichst,
Janine Haberland